Zeitraum: 22. bis 24. September 2023
Ort: Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart

Das Phänomen Stimme
„Stimme und Sprechen im Wandel“

Die Biennale Internationale Stuttgarter Stimmtage ist seit ihrer Gründung durch Prof. Dr. Horst Gundermann, Annikke Fuchs-Tennigkeit und Prof. Uta Kutter in den 1990er Jahren Vorbild und Maßstab für einen ganzheitlichen Zugang zum Phänomen Stimme. Neben dem fachlichen Austausch, den Vorträgen und Workshops aus den verschiedenen Feldern der Stimmpraxis, lädt auch ein künstlerisches Programm ein, den vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten von Sprache zu begegnen.
Die 14. Internationalen Stuttgarter Stimmtage werden von der Akademie für gesprochenes Wort – Uta Kutter Stiftung ausgerichtet, finden in der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst statt und stehen unter der Schirmherrschaft der erfolgreichen Schauspielerin und Musikerin Meret Becker.
Das Phänomen Stimme – Stimme und Sprechen im Wandel ist das Thema der diesjährigen Stimmtage. Seit jeher verändert sich nicht nur unsere Sprache, sondern auch unsere Stimme und unser Sprechen.
In der Stimme, im Sprechen verwirklicht sich unsere Welt, unser Jetzt – mit all den großen und kleinen Fragen unserer Zeit. Was aber heißt das für die Stimme, das Sprechen in Bezug auf unsere Gegenwart im Jahr 2023, wo ein demagogisch geführter Krieg im Herzen von Europa sein Unwesen treibt, kontroverse Debatten zur Genderfrage unser Gesellschaftsbild spalten, Künstliche Intelligenzen auch in Form von synthetischen Stimmen immer mehr in unseren Alltag vordringen und polemische Tendenzen unsere Diskurskultur beeinflussen? Und zu welchen Ergebnissen kämen wir wohl, wenn wir eine historische Rückbetrachtung wagten, unsere Vergangenheit auf die Veränderungen nicht nur von Sprache, sondern von Stimme, von Sprechen auf ihre jeweiligen Tendenzbewegungen, Entwicklungen, Verwandlungen und Wiederholungen hin durchleuchteten?
Über Sprache wurde schon immer viel gesprochen, ihr Wandel wurde begrüßt oder beklagt, heraufbeschworen oder verworfen. Umso mehr verhallen Stimme und Sprechen als unsere eigentliche Praxis der Entäußerung oft ungehört und ungesehen. Vor dem Wort ist es immer noch die Stimme, die sich Raum verschafft, die gleichermaßen degradiert und adelt, die Macht ebenso verteilt wie sie sie beansprucht, die sowohl das Unsere eingrenzt als auch das Andere ausschließt. Dabei gehört das Sprechen aber nie nur uns selbst und nie nur uns Menschen. Die Stimme verselbstständigt sich, sie löst sich ab vom Mund und vom Individuum, sie formt neue Identitäten, während sie alte abstreift – und Alexa erschafft ihre Konsument*innen genauso wie das Radio seinerzeit sein Publikum. Kein Laut trennt das Subjekt davon, immer auch Medium zu sein, der Körper einer Stimme, die durch uns und mit uns spricht. In ihrem Echo werden Erfahrungen individualisiert und kollektiviert, Wünsche erhört und Gefühle versprochen.
Zwischen diesen Klängen können wir uns nur dann verorten, wenn wir die Stimmen des Alltags, der Autoradios und Chatbots, des vergangenen Schnurtelefons und der KI selbst gegenständlich werden lassen. Vielleicht gelangen wir auf diese Weise zu Antworten auf die Frage, wie Sprechen inklusiv werden kann, welche Stimme in den technologischen Revolutionen mitschwingt und welche Geister der Vergangenheit in ihren neuen Lauten beschworen werden. Die 14. Internationalen Stuttgarter Stimmtage begeben sich damit auf die Suche.